EMMA GRÜN

Born Johanna Emma Dittrich in 1982 in Marburg, Germany, grew up, lives and works in Berlin.

 

Her multidisciplinary work is influenced by the theatrical. Exploring the transformation of an actor into a role-play, she not only draws harlequins, dancers and mythical creatures such as winged feet, but plays roles herself in her performances, exploring the boundaries between the fragility and strength of body and soul, between inner world and surreal dream. Her sculptures and installations deal with the traces left by these performances, often showing destruction and always questioning the masquerade and the identity behind it. In her poems, she deals with questions of origin, home and flight.

 

Her first exhibition with some artist friends took place in 2009 in a run-down temporary project space she co-founded in Berlin Neukölln ("Temporärity"), her participations have included in exhibitions such as "Ngorongoro" in Berlin, "Arcadia Unbound" at Funkhaus Berlin and "Under the Underground" at Galerie Franzkowiak; at the Positions Berlin Art Fair 2016 and at the PAF Performing Arts Festival Show & Tell 2020. In the summer of 2022, she showed her live performance at the Performance and Sound Art Festival of Kunstraum Aarau, CH at the Meinblau project space in Berlin.

 

Emma Grün is currently invited to the 2023 working scholarship at Schloss Gleina in Saxony-Anhalt with participation in the concluding group exhibition "KOSMOSKAOS - Kunstsommer Gleina 2024" curated by Claudia Waldner.

 

geboren 1982 in Marburg, Deutschland, aufgewachsen, lebt und arbeitet in Berlin

 

Ihre multidisziplinäre Arbeit ist vom Theatralischen geprägt. Indem sie die Verwandlung eines Schauspielers in eine Rollenspiel erforscht, zeichnet sie nicht nur Harlekine, Tänzer und Fabelwesen, wie Flügelfüßler, sondern spielt in ihren Performances selbst Rollen und lotet so die Grenzen zwischen Zerbrechlichkeit und Stärke von Körper und Seele, zwischen Innenwelt und surrealem Traum aus. Ihre Skulpturen und Installationen beschäftigen sich mit den Spuren, die diese Performances hinterlassen, und zeigen oft Zerstörung und fragen immer nach der Maskerade und der dahinter liegenden Identität. In ihren Gedichten setzt sie sich mit Fragen nach Herkunft, Heimat und Flucht auseinander.

 

Ihre erste Ausstellung mit einigen befreundeten Künstlern fand 2009 in einem von ihr selbst mit gegründeten, heruntergekommenen temporären Projektraum in Berlin Neukölln statt („Temporärity“), ihre letzten Teilnahmen waren u.a. an Ausstellungen wie „Ngorongoro“ in Berlin, „Arcadia Unbound“ im Funkhaus Berlin und „Under the Underground“ in der Galerie Franzkowiak; auf der Kunstmesse Positions Berlin Art Fair 2016 und beim PAF Performing Arts Festival Show & Tell 2020. Im Sommer 2022 zeigte sie Ihre Live-Performance beim Performance- und Klangkunst Festival des Kunstraums Aarau, CH im Projektraum Meinblau in Berlin.

 

Aktuell ist Emma Grün zum Arbeitsstipendium 2023 in das Schloß Gleina in Sachsenanhalt eingeladen mit Beteiligung an der abschließenden Gruppenausstellung „KOSMOSKAOS - Kunstsommer Gleina 2024“ kuratiert von Claudia Waldner.


Exhibitions

2024

KOSMOSKAOS, kuratiert von Claudia Waldner, Schloss Gleina, Sachsen-Anhalt

THE TICKING IN MY HEAD, Performance with dollytakesatrip & Hans-Jürgen Hannemann, Polymedialer Ponyhof, Berlin

787, kuratiert von Dr. Boris von Brauchitsch, ERNST. Institut für Universalkultur, Berlin

 

2022

PERFORM@Pfefferberg, Live-Performance, Performance- und Klangkunst Festival, Kunstraum Aarau, Meinblau, Berlin

 

2021

FELDMALEREI, eine Ausstellung auf den Feldern, Kuratiert von Jana Jedermann, Rohlstorf

 

2020

PAF - Performing Arts Festival, Show & Tell, Berlin

 

2019

OUT OF OFF, Live-Video-Performance SPOILERSHIP mit Sandra Setzkorn, Spoiler Berlin

UNDER THE UNDERGROUND, Galerie Franzkowiak, Berlin

»PEACE – don't make me laugh // You A Two Minute Brother« Spor Klübü Berlin

 

2018

MOOSGRÜN VERSCHLUCK MICH, Premiere, Video-Screening, Uferstudios Berlin

 

2017

MOTHER LOVE - Künstler für Kinderrechte, future voice, M. Sarifi, Galerie Westphal, Berlin

EPISODE, mit Absolventen der Malereiklasse W. Liebmann, Weißensee, Museum Kesselhaus, Berlin 

 

2016

PEOPLE. PLACES. MOMENTS. Fotohaus Paris-Berlin, Arles, France

PARTY POOPER, Monat der Fotografie-OFF, Franzkowiak & Westphal Artprojects, Berlin

LARRY VIDEO SHOW, Performance-Video, Larry, Berlin

POSITIONS - Berlin Art Fair 2016, Franzkowiak & Westphal Artprojects, Messebeteiligung, Berlin

LARRY, Live-Performance, Solo, Larrys Show, Berlin

FO YOU - Voluntary Art Liaison, Video von Performance, FOYOU / Marienburg, Berlin

 

2015

WHISTLEBLOWER - The Voice of Art on Human Rights, M. Sharifi / Galerie Westphal, Berlin

LIAISON. Stefanie Hillich, Laura Bruce, Emma Grün, Objekte, Galerie Franzkowiak, Berlin

ARCADIA UNBOUND, Live-Performance, Installation, Objekte, Funkhaus Berlin

NGORONGORO - Artist Weekend, Live-Performance, Fotografien und Installation, Ateliergelände, Berlin

 

2013

PLASTIK - aus dem Stand in alle Richtungen, Objekt und Lyrik, Galerie Bauchhund, Berlin

SEHEND STÜRZE ICH IN MICH HINEIN - Einzelausstellung, weichseldrei, 48 Stunden Neukölln, Berlin

 

2011

DADAAB - Paradies ist anderswo, Benefiz-Abend, Gruppenausstellung, Stattbad Wedding, Berlin

KOPFGEFLÜSTER TOBEN FLÜGELFÜSSLER, Kulturelle Landpartie, Caspar Harlan, Klein-Wietzeetze

5 JAHRE - Objekt und Lyrik, Galerie Bauchund, Berlin

 

2010

BEINE STOLPERN ZU DEN FÜSSEN, Einzelausstellung, Galerie Bauchhund, Berlin

WIEDERSEHEN, Temporärity, 48 Stunden Neukölln, Berlin-Neukölln

 

2009

TEMPORÄRITY, Temporärity, Berlin-Neukölln 


Über die Arbeiten von Emma Grün

Dr. Boris von Brauchitsch über die Ausstellung "787"

Vision

 

Die Milchstraßen

sind vermessen

Mars-Aktien

steigen

der Orion

ist zum Kauf ausgeschrieben

längst

wurde das Herz der Hydra

ausgetauscht

 

Vorbei an der restlos

erforschten Cassiopeia

geht ein Engel

auf Stelzen

über den Himmel

seine Flügel

hat er dem Antiquitäten

händler verkauft

 

Für eine Handvoll

Silberlinge

 

Ilse Tielsch

 

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787

 

Zu Emma Grüns Anatomie der Engel

 

Es gibt ebenso drängende wie zeitlose Fragen, etwa: Warum erzeugen Vampire kein Spiegelbild? Kann man Gerüche träumen? oder: Schlafen Engel? Und falls ja, tun sie es im Stehen? Ihre Flügel jedenfalls scheinen eine humane Schlafposition fast unmöglich zu machen und es liegt der Verdacht nahe, dass sie – anders als die Menschen – auch nicht zum schlafen geschaffen wurden. Sie waren über Jahrtausende Kuriere und Schutzengel, unterwegs, wachsam und zu bedauern, denn was gäbe es Köstlicheres als den Schlaf. 

Wenn wir ehrlich sind, wissen wir fast nichts über Engel. Augenzeugen berichten von sechs-flügeligen Seraphim am Thron Gottes, etwa der Prophet Jesaia, von himmlischen Wesen mit vier Gesichtern, vier Flügeln und Rädern, wie der Prophet Ezechiel, von Ringkämpfen mit Engeln, wie Jakob, von Seraphim in der Gestalt von Christus, wie sie der Heilige Franz von Assisi in Ekstase sah, und von kleinen, schönen Überbringern der himmlischen Liebe mit entflammten Gesichtern, wie sie der Heiligen Theresia von Avila erschienen.

Aber ist solchen Augenzeugen zu trauen? Ist nicht mehr Verlass auf die Wissenschaft? – Leider nein. Denn auch die eher spröden Theoretiker haben bislang keineswegs mehr Klarheit in himmlische Ordnungen gebracht, ob Bonaventura, Hildegard von Bingen, Thomas von Aquin oder Martin Luther: Fragen zu Anzahl, Stellung, Nahrung, Wachstum, Körperlichkeit, Geschlecht und Vermehrung der Engel sind weiterhin strittig.

 

Das Bild der Engel, das uns heute gegenwärtig ist, verdanken wir daher den bildenden Künstlern, die sich oft nur vage an den Augenzeugenberichten orientierten und stattdessen auf ihre Intuition und ihr eigenes gutes Auge vertrauten. Im Jahr 787 gestattete das Konzil von Nicäa die Abbildung von Engeln: Damit nahm alles seinen Anfang. Kunst, das wusste man offenbar auch schon in Nicäa, gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar. Insofern das perfekte Medium für Engel. 

Doch was die Kunst hinsichtlich der Engel sichtbar machte, gab Anlass zu Besorgnis, denn Betrachten wir das Schicksal der Engel seither, dann kann man nur konstatieren: Es ging stetig abwärts. Aus mächtig-unnahbaren Boten und Rächern wurden in der Renaissance erotische Schönlinge, Bodyguards und Kerzenhalter und schließlich feiste Putten auf Grießnockerl-Wolken, wie sie bevorzugt bayrische Barockkirchen bevölkern. Und heute? Welche Aufgaben haben Engel in der Gegenwart?

 

Emma Grün lässt diese Frage unbeantwortet, denn Kunst ist nicht da, um Fragen zu beantworten. Die Künstlerin schlägt mit ihrer Installation stattdessen ein neues Kapitel auf. Sie verwandelt den Ausstellungsraum von ERNST in das, was er in Wahrheit ist: Labor für Experimente, Schaukasten ungeahnter Realitäten. Sie macht Schluss mit Phantastereien, Spekulationen und anderen frag-würdigen Visualisierungen und widmet sich der vergleichenden Anatomie der Engel. 

Zunächst sieht es danach aus, als gehe es um die Beantwortung der eingangs gestellten Frage: Schlafen Engel – und wenn ja: wie? Könnte die Konstruktion der Flügel etwas Eigenständiges sein, abnehmbar und somit bequem beiseite zu stellen, sobald der Arbeitstag der Engel zu Ende gegangen und es Zeit ist, sich in die Horizontale zu begeben? Das Exemplar, dass Emma Grün präsentiert, mag tatsächlich aussehen, als wäre es ein additives Transportmittel, ist der Engel, dem es gehören muss, doch abwesend, ohne Flügel außerhalb unterwegs – oder tatsächlich schlafen gegangen.

Vielleicht aber ist dieses seltsame Objekt, bestehend aus Alltagsmaterialien, aus Holz und Kabeln, auch ein Flügelfüßler. Wäre ein solch himmlischer Alapoda das spirituelle Pendant zum Kopffüßler, dem Cephalopoda in den Tiefen des Meeres, dessen Artenvielfalt vom Aussterben bedroht ist, ganz so, wie die Artenvielfalt der Engel?

Die Wahrheit aber ist auch hier – einmal mehr – überraschend einfach und es erstaunt, warum die Wissenschaft nicht dahintergekommen ist: Was wir sehen, ist ein Brustkorb, Schutzraum der Lungenflügel. 

Dass auch bei jenem Organ von Flügeln die Rede ist, welches Luft in den menschlichen Körper bringt, kann kein Zufall sein. Die externen Flügel der Engel sind beim Menschen internalisiert. Die Freiheit der Bewegung liegt in unserer Brust, in unserem Atem, der das Blut versorgt und die Sprache ermöglicht, im Odem, der uns als Lebensgeist eingehaucht ist und im Ruach, jenem Wind der hebräischen Bibel, der alles durcheinanderwirbelt, reinigt und beschwingt.

 

Auch der Engel, der sich spontan und flüchtig als Zeichnung materialisiert und sich der anatomischen Studie beigesellt, scheint angesichts von Emma Grüns Entdeckung ins Grübeln geraten zu sein. Er beantwortet, ganz nebenbei, zwei weitere drängende Fragen: Haben Engel Körperbehaarung? Ja, das haben sie offensichtlich. Und werfen sie Schatten? Ja, das tun sie. Auch beleuchtete Lichtgestalten können Schatten werfen, wie wir sehen. Emma Grün ist hier Expertin, begann sie doch als Lichtdesignerin ihre künstlerische Laufbahn. 

Ihre ursprüngliche Heimat aber ist das Theater. Als Tochter eines Bühnenbildners und einer Kostümbildnerin eröffnet sie intuitiv ihren Gestalten und Objekten einen Bühnenraum, der das Zweidimensionale mit dem Dreidimensionalen interagieren lässt, in dem Engel real und Schatten gemalt sein können. So treten die Engel unter uns, als Figurinen und Außerirdische, als Rächer und Verführer, als Nachbarn und Freunde. 

ERNST wird mit dieser Installation zum naturkundlichen Schaukasten, zeigt aber als Bühne zugleich auch die Szene eines klassischen Dramas: Der Engel tritt auf, sieht das, was ihm die katholische Kirche über Jahrhunderte verboten hatte zu sehen – anatomische Studien – und begreift seine Verwandtschaft mit den Menschen. Wir werden Zeugen dieses Schlüsselmoments. Was daraus folgt, liegt in den Sternen.

 

Boris von Brauchitsch

 

Über die Arbeiten von Emma Grün in der Ausstellung "Beine stolpern zu den Füßen - sollen - ein Ohr fliegt vorbei"

Ein Text von Claudia Lamas Cornejo

 

„Etwas ist schön, wenn nichts zu ihm hinzugefügt und nichts von ihm weggenommen werden kann.“ (Aristoteles)

 

Leichtfüßig kommen sie daher, die Tänzer, Akrobaten und Harlekins der Emma Grün. Sie berühren kaum den Boden, sie schweben. Viel Spontanes liegt in ihrem Erscheinen, ein kecker Geniestreich als gedanklicher Trapezsprung frech zu Papier gebracht. Es ist ein Spiel, ein Rollenspiel, ein Maskenstück mit starken, in sich geschlossenen Charakteren, detailgenau studiert, sorgsam entworfen, Commedia dell´arte in Skizzenform und wie aus dem Ärmel geschüttelt.

 

Jeder Protagonist hat seine Rolle und Aufgabe in der Zeichenwelt der Emma Grün, denn Kunst ist Handwerk und das berufliche Rüstzeug eines Schauspielers ist die Perfektionierung der Figur, sprich, der Maske als Symbol und identitätsgebendes Element. Symbol ist dasjenige, woran man etwas wiedererkennt. Aber was ist Wiedererkennung? Wiedererkennen ist nicht: etwas noch mal sehen. Wiedererkennen heißt viel mehr: etwas als das, als was man es schon kennt, erkennen. Wiedererkennen sieht das Bleibende aus dem Flüchtigen heraus und scheinbar flüchtig ist vieles in der Theater- und Bühnenwelt einer fahrenden Schauspielertruppe: Heute hier, morgen dort, auf und ab und auf und ab.

 

Die Objektskulptur, die diesen Namen trägt ist die haptisch organische Erweiterung der Porträt- und Szenenzeichnungen und fällt mit ihrem Kompagnon Das vorletzte Hemd buchstäblich aus dem Rahmen: Gebrauchsspuren der künstlerischen Tätigkeit spinnen die Geschichte dieser beiden Objekte noch nach dem letzen Vorhang weiter, sie atmen geradezu erschöpft aus, glücklich und zufrieden über die gelungene Vorstellung. Verweile doch, Augenblick... Kunst als Spiel. Das Spiel ist eine elementare Funktion des menschlichen Lebens und menschliche Kultur ohne Spielelement überhaupt nicht denkbar. Emma Grüns Objekte vergegenwärtigen uns die Strukturen menschlichen Spielens, nicht nur als Freiheit von Zweckbindungen, sondern vielmehr noch als ein freier Impuls, als ein Hin und Her, ein ständiges Kommen und Gehen, kurz: eine Bewegung, die nicht an ein Bewegungsziel gebunden ist. Das ist es offenbar, was das Hin und Her so auszeichnet, dass weder das eine noch das andere Ende das Ziel der Bewegung ist, in der sie zur Ruhe kommt. Für eine solche Bewegung ist Spielraum nötig und eine gewisse Form der Selbstbewegung als Grundcharakter des Lebendigen. „Würde ich aufhören zu spielen, ich würde mir ernsthaft Sorgen um mich machen“, sagt Emma Grün dazu. Ihr Spiel ist in dem Sinne auch ein kommunikatives Tun, weil es keinen Abstand kennt zwischen dem, der da spielt, und dem, der sich dem Spiel gegenübersieht.

 

Der Zuschauer ist offenkundig mehr als nur ein bloßer Beobachter, der sieht, was vor sich geht, sondern ist als einer, der am Spiel Teil nimmt, ein Teil davon. So suchen sich Emma Grüns hommes Mitspieler, die sich mit ihnen drehen, mitbewegen, mit auf ihre Reise gehen und die angebrochene Geschichte weitertragen. Die Objekte der l´homme- Serie begegnen dem Spielfreudigen wie die Trikots in einem Mannschaftsraum, zurechtgelegt und bereit, um gemeinsam raus auf den Spielplatz zu stürmen. Alle Kostüm-Kollagen hat Emma Grün in ihrem Spiel- und Entdeckerdrang selbst anprobiert und wir wollen hoffen, dass sie uns die daraus entstandenen Fotos bei ihrer nächsten Vorstellung nicht vorenthält.

 

Raus, auf Reisen gehen, sich eine Identität finden und geben. Jeder hat im Leben sein Päckchen zu tragen und sucht es, mal mehr, mal weniger erfolgreich in Balance zu bringen. Mein Leben in Balance ist ein Sammelsurium undefinierter Päckchen, die Neugierde wecken, zum Spielen, Ausprobieren und Entdecken auffordern. In vielen Völkern gibt es die Tradition, Mobiles aus unterschiedlichen Holz- und Bambus- materialien vor Türen oder Fenster zu hängen. Wenn der Wind dann durch diese Mobiles streicht entsteht ein harmonischer Klang wie Regentropfen in einem Laubwald. Das Mobile Mein Leben in Balance erfährt seinen Windhauch durch Emma Grüns Flüstern, „Bitte, bitte trag mein Päckchen; Wenn Du mein Päckchen trägst; Trag ich Deins.“ Darin liegt wiederum die Aufforderung an den Betrachter zum Mitspielen, zum Verändern und Ergänzen einer bestehenden Identität ohne diese in ihrem Wesenskern zu verfälschen.

 

Aristoteles beschreibt es so: „Etwas ist schön, wenn nichts zu ihm hinzugefügt und nichts von ihm weggenommen werden kann.“ Selbstverständlich ist dies nicht buchstäblich zu verstehen, man kann diese Definition sogar umdrehen und sagen: Daran gerade erweist sich die Spannungsdichte dessen, was wir schön nennen, dass es einen Variabilitätsbereich möglicher Veränderungen, Ersetzungen, Hinzufügungen, Hinweglassungen zulässt, aber von einer Grundstruktur aus, die nicht angetastet werden darf, wenn das Gebilde seine lebendige Einheit nicht verlieren soll. Insofern sind Emma Grüns hommes lebendige Organismen, strukturierte Einheiten und das heißt, sie haben auch eine Eigenzeit. Objekte aufbauen und lesen, ergehen und erwandern, das sind Zeit-Gänge. Es geht in der Erfahrung mit diesen Objekten darum, dass wir an ihnen eine spezifische Art des Verweilens lernen. Es ist ein Verweilen, das sich nach Hegel dadurch auszeichnet, dass es nicht langweilig wird. Je mehr wir verweilend uns darauf einlassen, desto sprechender, desto vielfältiger, desto reicher erscheint es. Das Wesen der Zeiterfahrung der Kunst ist, dass wir zu verweilen lernen. Emma Grüns Zeichnungen, Kollagen und Objekte geben dazu Anlass genau.

 

Claudia Lamas Cornejo

 

Emma Grün lives and works in Berlin.

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